Kinderbetreuung

Volksbegehren startet vor leeren Stühlen

Initiatoren optimistisch - Weitere Einschnitte kritisiert

Von unserem Redakteur GERHARD GUNKEL

Magdeburg/MZ. Nur wenige Stühle sind besetzt. Der Auftakt für das Volksbegehren gegen weitere Einschnitte bei der Kinderbetreuung findet bei Eltern und Erzieherinnen wenig Resonanz. Die Initiatoren lassen sich davon nicht entmutigen. Schließlich sammelten sie mit ihrer Volksinitiative gegen das von SPD und PDS geänderte Betreuungsgesetz fast 300 000 Unterschriften.


"Die Eltern sollen für weniger Leistung mehr Geld bezahlen."

KAY-UWE PAPENROTH MITINITIATOR


"Unsere Befürchtungen vor der Gesetzesänderung sind Realität geworden", sagt Kay-Uwe Papenroth. Der EIternvertreter spricht von Entlassungen vor allem junger Erzieherinnen. Deshalb fehle in den Krippen und Kindergärten der qualifizierte Nachwuchs. Da das Land seine Zuschüsse reduziere, so Papenroth, würden die finanziellen Belastungen für Eltern und Träger der Tagesstätten steigen. Die Eltern sollen für weniger Leistung mehr Geld bezahlen", empört er sich. Bis zu monatlich 50 Mark seien die Elternbeiträge gestiegen. Nach einer Übersicht des Sozialministeriums erhöhten sich die Gebühren im Landesdurchschnitt für einen Krippenplatz. um zwei Prozent, für einen Kindergartenplatz um 8,6 Prozent.

Mit ihrem Volksbegehren legen die Initiatoren nun ihren eigenen Gesetzentwurf vor, den Ilka Reckmann als einen ausgewogenen Kompromiss bezeichnet. Danach sollen die Zuschüsse des Landes ungefähr auf dem gegenwärtigen Niveau festgeschrieben werden. Der Entwurf sieht vor, dass die pauschalen Zuweisungen für einen Krippenplatz leicht angehoben werden. Die EIternvertreter akzeptieren also weitgehend die erste Stufe der Finanzkürzungen. Dagegen hätte es von Initiatoren zum Beispiel aus Halle Widerspruch gegeben, berichtet Reckmann. Mit dem Volksbegehren sollen nun vor allem die vorgesehenen Einschnitte in den Jahren 2001 und 2002 verhindert werden. Denn die Eltern sind der Ansicht, dass die Einsparungen für das Land höher als ursprünglich angenommen seien. Sie fordern das Sozialministerium auf, unverzüglich eine Analyse vorzulegen.

Nach den kurzen Ansprachen, zu denen sich von den wenigen Gästen der Auftaktveranstaltung niemand äußert, werden der Gesetzentwurf und die vorbereiteten Unterschriften-Listen verteilt. Bis zum 26. Juni wollen die Initiatoren zunächst 10 000 Unterschriften sammeln. Diese Hürde werden wir auf jeden Fall überspringen", glaubt Markus Schulze.

Dann muss die Landesregierung entscheiden, ob das Volksbegehren zulässig ist. Sie könnte zwar das Begehren ablehnen, wenn davon zum Beispiel Haushaltsgesetze betroffen wären. In Regierungskreisen heißt es aber, dass der Antrag sehr wohlwollend geprüft werde. Und danach muss sich dann zeigen, ob die Initiatoren nach dem etwas müden Auftakt in Magdeburg 250 000 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern für das Volksbegehren sammeln können.

Die Landesregierung gibt sich bisher unbeeindruckt. Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) lehnt eine Gesetzesänderung, um die Landeszuschüsse für die Kinderbetreuung zu erhöhen, strikt ab. Nach den heftigen Kontroversen mit der PDS im Vorjahr über die geplanten Einschnitte, sind sich SPD-Spitzenpolitiker einig, dürfe das Kinderbetreuungsgesetz keinesfalls noch einmal aufgemacht werden.


VERFASSUNG

Gesetzesänderung

Nach Artikel 81 der Landesverfassung von Sachsen-Anhalt kann ein Volksbegehren darauf gerichtet werden, ein Landesgesetz zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. Dem Begehren muss ein ausgearbeiteter, mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen, und es muss von mindestens 250 000 Wahlberechtigten unterstützt werden. Die Landesregierung entscheidet darüber, ob ein Volksbegehren zulässig ist; gegen ihre Entscheidung kann Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden. Ist das Volksbegehren zulässig, leitet die Landesregierung den Gesetzentwurf mit ihrer Stellungnahme unverzüglich an den Landtag weiter.


Download des Artikels als 150 dpi-Scan (67,7 kByte) aus der Mitteldeutsche Zeitung (Mit freundlicher Genehmigung der MZ)

Zurück zum Pressespiegel

Zur Startseite des SEB